Der Tensid-Ratgeber – Teil 1

November 19, 2020

Der Tensid-Ratgeber – Teil 1

by Leonie Poppe

So, heute möchte ich mal wieder über ein Thema schreiben, das mir sehr am Herzen liegt. Neben dem UV-Schutz versteht sich! :)

Es geht um die Reinigung der Haut. Besser gesagt um die richtige Reinigung und was du dabei beachten solltest. Damit deine Haut auch wirklich die bestmögliche Pflege bekommt, die du ihr geben kannst. Es geht also um Tenside, um ihren Einsatz als waschaktive Substanzen und ich werde auch einen kurzen Schwenk in ihre Nebengeschäftsstelle machen: Tenside als Emulgatoren.

Denn viele von euch fragen sich vielleicht, was Tenside eigentlich wirklich sind, was sie mit der Haut machen und ob Tenside vielleicht sogar gefährlich sind?

Deswegen liefere ich dir jetzt hier 6 Fakten über Tenside die du wissen solltest, um in Zukunft deine Reinigungsprodukte besser verstehen und gut für dich auswählen zu können! 3 davon kommen in Teil 1. Los gehts!

#1 Tenside sind amphiphile Stoffe

Abb. 1

“Amphiwas” fragst du dich? Amphiphil bedeutet, dass das Molekül einen Teil hat – in diesem Fall nennen wir ihn “Kopf” – der sich in wasserähnlichen Stoffen, oder eben in Wasser, super wohl fühlt. Der andere Teil des Moleküls hingegen, hier der “Rest” liebt Fette und ölige Substanzen. Je nach Ladung des Kopfes und je größer der Unterschied zwischen Kopf und Rest ist, desto polarer und aktiver ist das Tensid.

Dieser Eigenschaft verdankt es außerdem seine Einsatzgebiete und Wirkungsweise. Im kritischen Ratgeber zu Kosmetik-Inhaltsstoffen von Heinz Knieriemen habe ich einen super guten Vergleich gefunden. Knieriemen bezeichnet Tenside als die Heinzelmännchen der Kosmetik. (1) Wie ich finde, ein absolut passender Begriff, der den vielzähligen Anwendungsmöglichkeiten der Tenside gerecht wird. Du findest Tenside in Seifen, Shampoos und Reinigungsmitteln für die Haut, aber auch für den Haushalt. Und wir nutzen sie beim Anrühren von Cremes.


# 2 Tenside wirken als Waschsubstanzen und Emulgatoren

Abb. 2

Dadurch, dass Tenside (von lat. „tensus“ = gespannt -> herabsetzen der Oberflächenspannung) beides mögen, Fett und Wasser, können sie genau diese zwei, sich eigentlich abstoßenden Stoffe, miteinander verbinden. Ich muss dabei immer an Salatdressing denken. Geschüttelt oder gerührt, lässt du das Dressing eine Weile stehen, dann setzt sich doch immer das Öl ab. Um hier eine einheitliche Flüssigkeit hinzubekommen bräuchte es ein Tensid/Emulgator der die Oberflächen- bzw. Gränzflächenspannung der Stoffe herabsetzt. Aber den lassen wir im Salat mal lieber weg. :)

In Cremes ist ein Emulgator unabdingbar. Wir brauchen einen Stoff der beispielsweise pflanzliche Öle, wie unser Arganöl, mit wasserlöslichen Wirkstoffen wie Hyaluronsäure zusammenbringt. Tadaa – wer hätte es gedacht, das übernehmen die fleißigen Tenside.

Sie stecken sozusagen ihren Kopf in die Hyaluronsäure und der Rest schnappt sich das Arganöl, schließt es in kleinen Kügelchen ein (siehe Abb. 2) und verteilt es so in der gesamten “Masse”. Das sind übrigens die sogenannten Mizellen. Mehr dazu weiter unten im Beitrag.

So entsteht eine Creme. Es gibt Öl-in-Wasser-Emulgatoren und auch Wasser-in-Öl-Emulgatoren. Wenn du möchtest, kann ich dazu auch noch einen extra Beitrag verfassen. Lass mich gerne wissen, was dich interessiert!

Ja und weil Tenside das Vermischen so gut drauf haben, gelten sie auch als hervorragende Reinigungskräfte. Sie helfen sozusagen dem Wasser dabei, fettlösliche Verschmutzungen und Make-Up von unseren Gesichtern zu entfernen. Natürlich tun sie das auch in der Küche, der Waschmaschine und und und. Ebenso wie das Arganöl, schließen sie in diesem Fall eben Schmutzpartikel ein und verteilen sie im Waschwasser. Ziemlich cool wie ich finde.

# 3 Tenside unterscheiden sich vor allem anhand ihres wasserliebenden “Kopfes”

Abb. 3

Wie du auf meiner Abb. 3 erkennen kannst, tragen die hydrophilen Enden zum Teil elektrische Ladungen und zum Teil nicht. Diese Ladungen entscheiden wie gut sich das Tensid in Wasser lösen lässt, welchen pH-Wert das Tensid mit sich bringt und somit auch seine Wirkungsweise. Außerdem bestimmt diese Ladung auch wie stark und somit auch wie aggressiv ein Tensid für unsere Haut und die Umwelt ist!

Es gibt

  • anionische Tenside
  • kationische Tenside
  • amphotere Tenside
  • neutrale/nichtionische Tenside

Um nicht so viel um den heißen Brei herumreden zu müssen, habe ich dir ein paar Grafiken und Zeichnungen angefertigt. Ich hoffe sie sind für dich verständlich und sie helfen dir dabei, die Eigenschaften unserer kleinen Heinzelmännchen besser zu verstehen.


Anionische Tenside


Abb. 3.1

Die negativ geladenen Tenside haben die höchste Reinigungskraft und kommen in sehr vielen eher schäumenden Reinigungsmitteln und Gelen vor. Ein sehr häufiger Vertreter ist hier das Sodium Laureth Sulfat! In Abb. 3.1 kannst du sehen, wie sich der Name zusammensetzt.

Sulfate gehören zu den aggressivsten Tensiden. Denn sie machen vor deinen Hautfetten keinen Halt und greifen so deinen Säureschutzmantel an. Sie öffnen Tür und Tor für Keime und unerwünschte Fremdkörper. Dadurch stehen sie im Verdacht Allergien, trockene Haut, sprödes Haar und schuppige Kopfhaut zu verursachen. (3)

MERKE: Erkennen, kannst du die anionischen Tenside meist an dem Begriff “Sodium” (engl. für Natrium, das Gegenion für die negative Ladung) und “Sulfat”-Tenside sind tendenziell zu meiden.

Es gibt aber natürlich auch nichtionische Tenside, wie beispielsweise das Disodium Cocoyl Glutamat, das etwas milder und somit auch besser verträglich ist. Es kommt eben auch immer darauf an welche Reinigungskraft bei einem Produkt gewünscht ist. Wichtig ist nur, dass dir bewusst ist womit du es zu tun hast. Die Entscheidung liegt dann im Endeffekt bei dir!

Was ich mich an dieser Stelle jedoch frage: Braucht unsere Haut eine so starke Reinigung? Denn immerhin verfügt eine gesunde Haut sehr wohl über eine gute Selbstregulierung. Sie ist ein autonomes Organ. Wir möchten alles daran setzen, dass die Haut ihren Aufgaben und vor allem ihren Fähigkeiten ungehindert nachgehen kann.

Klar, äußere Einflüsse ändern sich und auch unser Lifestyle hinterlässt häufig Spuren. Umso wichtiger ist es, reizende Stoffe soweit es geht zu vermeiden und die Gesundheit der Haut ernst zu nehmen.

Apropos Gesundheit, auch die Gesundheit unserer Umwelt spielt besonders im Zusammenhang mit dem Thema Tenside, eine große Rolle. Später dazu mehr.

Die Seife

Zu den anionischen Tensiden gehören im Übrigen auch die ganz normalen Seifentenside. Sie entstehen bei der Spaltung von Fetten, wie zum Beispiel Kokosöl mit Hilfe einer Lauge. Bei dem Vorgang, der auch Verseifung genannt wird, entsteht ein Kalium- oder Natriumsalz der ursprünglichen Fettsäure.

Seifen sind für unsere Haut nicht optimal. Denn sie lassen die Haut aufquellen und greifen den Säureschutzmantel an. Daran ist auch der recht hohe pH-Wert von 7-8 schuld. (3)

Allerdings kann gerade beim Waschen der Hände eine hohe Waschkraft gewünscht sein und daher wird gerne auf die altbewährte Seife zurückgegriffen. Abgesehen davon ist sie auch gut biologisch abbaubar.

Kationische Tenside

Abb. 3.2

Hier werden bevorzugt Ammonium-Verbindungen eingesetzt, um die positive Ladung der kationischen Tenside zu erhalten. Das Gegenion ist dazu häufig das Chlorid-Anion. Da kationische Tenside eher nicht als Waschrohstoffe verwendet werden, sondern in Haarshampoos und Spülungen dafür sorgen, dass die Haare nach dem Waschen nicht fliegen, vernachlässige ich sie hier ein bisschen.

Cetrimonium Chloride wäre ein Beispiel-INCI. (2)

Neutrale/nichtionische Tenside

Abb. 3.3

Neutrale Tenside tragen wie ihr Name schon erahnen lässt keine Ladung. Sie sind dadurch aber auch sehr mild und hautfreundlich. Schäumen aber auch kaum. Zu ihnen gehören eine Reihe an sehr chemisch klingenden Tensiden.

Fettsäureethanolamide, Fettalkoholethoxylate, Macrogolfettsäureester (PEG) und Alkylpolyglycoside.

Die Alkylpolyglycoside sind mir hier die Liebsten. Sie werden auch Zuckertenside genannt da ihr hydrophiler Kopf aus einem Zuckermolekül besteht. Sie beeinflussen die Hautbarriere so gut wie gar nicht und setzen auch das Irritationspotential anderer Tenside stark herab. Sie verbessern die Trockenkämmbarkeit der Haare, ihre Sprungkraft und Reißfestigkeit. Top Tenside also!

Du erkennst sie am häufig am Wortstamm “Glucoside” oder auch “Sucrose”.

Amphotere Tenside

Abb. 3.4

Diese Tensid-Gruppe vereint die positiven Eigenschaften der anionischen und der neutralen Tenside. Sie sind mild, haben aber dennoch eine gute Reinigungskraft und sogar eine sehr annehmbare Schaumleistung! Außerdem sind sie gut biologisch abbaubar. (2)

Erkennen kannst du sie an dem Wortstamm “Betaine” und “-ampho-”!

Betaine verdanken ihren Namen dem Betain. Ein Stoff der ihnen von der Struktur her sehr ähnlich ist und aus der Zuckerrübe (Beta vulgaris) stammt. Sie werden häufig in Kombination mit anionischen Tensiden verwendet, um deren Reizpotential zu vermindern und gleichzeitig eine gute Reinigungskraft zu erhalten.

Jetzt bist du zumindest schon einmal gut aufgestellt, was das Grundwissen der Tenside angeht. Weitere Informationen, was es mit der Mizelle noch auf sich hat und wie du deine Haut schonend aber effektiv reinigst, erfährst du im nächsten Blogbeitrag!

Nimm dir Zeit für dich & sei gut zu dir!

Deine Leonie

Quellen

  1. Kosmetik-Inhaltsstoffe von A bis Z, Heinz Knieriemen, 6. Auflage, 2005, AT Verlag Baden und München
  2. Körperpflegekunde und Kosmetik, Sabine Ellsässer, 2. Auflage
  3. Wegweiser durch die Welt der Kosmetik, Esther Witte, 2. Auflage, 2019

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